Gesagt, getan,
ich kaufte beim Aldi einen Wanderrucksack und lieh mir bei einem Kollegen ein einfaches Zelt und einen Schlafsack aus. Ohne groß darüber nachzudenken, fuhr ich los, mit dem Auto bis nach Glasgow. Parkte meinen Wagen am Stadtrand, besorgte noch ein wenig Proviant und zog los in die Highlands. Ich hatte den Willen, diesen Weg zu gehen.
Die Wanderung durch Schottland wurde zu einer Reise der Selbstfindung, eine Zeit der Einsamkeit, die mich näher zu mir selbst brachte, als ich je zu träumen gewagt hätte.
Der Wind peitschte mir ins Gesicht, der Regen prasselte auf mein Zelt, aber inmitten der wilden Natur fand ich Frieden, fand ich mich selbst. Diese Wanderung hat mein Leben auf den Kopf gestellt, hat mir die Augen geöffnet für die Schönheit und die Möglichkeiten, die die Welt zu bieten hat. Nach diesem Erlebnis wurde mir bewusst, was ich in den letzten Jahren erreicht habe und ich war das erste Mal in meinem Leben stolz auf mich selbst. Es hat mir bestätigt, wenn man nur stark genug will, kann man alles erreichen.
Nach 4 Wochen, die ich alleine mit mir verbracht habe, war mir klar, dass sich mein Leben ab sofort ändern wird. Ich kam zurück nach Hause und trennte mich von meiner Freundin und all den Menschen, die mir nicht gut taten.
Ab sofort blieb ich am Wochenende alleine zu Hause. Ich war einsam, doch zum Glück blieb mir immerhin ein guter Freund. Seine Familie nahm mich quasi auf, sie wussten um mich und meine Geschichte und unterstützten mich, wo sie nur konnten. Dafür werde ich ihnen für immer dankbar sein. So war es wohl auch kein Zufall, dass ich ausgerechnet bei einer buddhistischen Familienfeier dieser genannten Familie meine jetzige Ehefrau kennengelernt habe.
Meine Frau, die Liebe meines Lebens, die mir zwei wundervolle Kinder geschenkt hat. Sie war und ist der Anker in meinem stürmischen Leben, die Hoffnung in meiner Dunkelheit.
Wir bekamen recht schnell Kinder, und mein/unser Leben wurde somit komplett auf den Kopf gestellt.
Eines veränderte sich aber nicht, das berühmte Hamsterrad hatte uns fest in seinen Händen. Ich arbeitete weiter in der Firma, in der ich schon lange nicht mehr arbeiten wollte, verdiente gutes Geld. Mehr Geld, als ich mir je hätte erträumen lassen. Ich hatte es geschafft, meine Schulden abzuzahlen, die ich in meiner Jugend angesammelt hatte. Wir konnten uns eine schöne Wohnung in einem guten Viertel leisten, ein Auto und sogar ausgefallene Urlaube machen.
Das Leben schien sich zum Besseren zu wenden, als wir finanziell immer besser aufgestellt waren und sogar kurz davor standen, uns ein Haus zu kaufen. Viele bewunderten mich für meinen vermeintlichen Erfolg trotz dieser Vergangenheit, doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass dies nicht der Weg war, den ich gehen wollte. Durch einen Schicksalsschlag während der Pandemie haben wir den letzten Impuls bekommen, unseren Träumen zu folgen. Wir wollten nicht mehr warten bis zur Rente, unerfüllte Träume warten lassen. Mit einem Wohnmobil durch Europa zu reisen, sein Traum wurde zu unserem Antrieb, zu unserem Lebensmotto.
Und so wagten wir es!
Ohne Sicherheit, ohne Plan, mit einem Wohnmobil los, Richtung Freiheit. Die Skepsis der Gesellschaft prallte an uns ab, denn wir wussten, dass dieser Weg, so unkonventionell er auch sein mochte, der richtige für uns war. Es fühlte sich gleich vom ersten Moment stimmig an.
Als wir loszogen, hatten wir keine Ahnung, wie wir Geld verdienen könnten. Ich war voller Angst und Zweifel, doch meine Frau sagte mir immer wieder, das wird schon. "Wir werden schon einen Weg finden", sagte sie und war so positiv gestimmt, dass ich schon fast genervt davon war. Denn ich war und bin ein Realist. "Wovon sollen wir unterwegs leben?" Uns kommt nichts zugeflogen, sagte und dachte ich.
Doch meine Frau sollte recht behalten. Schon wenige Monate nach unserem Start trafen wir eine Familie, die unseren weiteren Reiseweg und vielleicht sogar unseren ganzen Lebensweg in einer Art und Weise verändern sollte, wie es wohl nie passiert wäre, wenn wir nicht einfach losgefahren wären.
Wir lernten eine Kryptomillionärsfamilie kennen und verbrachten mit ihnen einige Wochen. Auch sie waren wie wir mit einem Wohnmobil unterwegs und hatten Kinder im selben Alter. Durch die Gespräche mit ihnen wurde ich nochmals intensiv auf das Thema aufmerksam und entwickelte mehr Interesse.